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Reisebericht Schweden im Winter 2022

Schwedisch Lappland

29.01.2022 – 06.02.2022


Anmerkung: Alle Überschriften sind Auszüge aus Songs, die zum Tag passen. Die Lieder können gerne beim Lesen angehört werden :)

Schon vor dem ersten Tag gibt es ein Lied, das einfach super zu der Reise passt. Auch wenn das Drama und der Herzschmerz bei uns nicht vorhanden war, ist der Song einfach passend und wir verbinden ihn mit unserer Reise. Ein perfektes Lied, um sich auf Schweden im Winter einzustimmen.


Nordlichter von Benne


„Du hast gesagt wir werden Nordlichter sehen


Vor mir weiße Berge

Und in mir drin noch Leere

Ich seh wie sich Wolken drehen

Wir hatten 1000 Pläne

Und einen Flug nach Schweden

Dacht nicht, dass ich alleine geh


Es ist kalt, meine Füße taub

Ich find kein Gefühl im Bauch

Nur Spuren im Schnee

Ich bin solang davor weggerannt

Ich komm nicht dagegen an

Endlich tuts weh


Du hast mir gesagt wir werden Nordlichter sehen

Jetzt steh ich hier allein

Ey, könntest du das sehen

Du hast gesagt wir werden Nordlichter sehen

Kann ich nach all der Zeit jetzt endlich Abschied nehmen?“

Polarlicht hinter einer Hütte in Abisko

29.01.2022

Berlin – Stuttgart


„Deine Lippen kommen näher

Die Welt steht auf Pause

Ganz egal was passiert,

Du bist, was ich brauche“


-Die Welt steht auf Pause von Adel Tawil


An Schlafen war für mich nicht zu denken. Ich war viel zu aufgeregt. Der letzte Schnelltest wurde Freitag gemacht, alles sieht gut aus und wir können los. Endlich nach Stuttgart. Endlich nach Schweden. In den Schnee, die Kälte und hoffentlich zu den Polarlichtern. So der Plan. Ich war dennoch super nervös. Bei Inzidenzen über 1000 in Deutschland war ich angespannt und hatte bis zur letzten Sekunde Angst, dass irgendetwas dazwischen kommt.


Ich habe also die ganze Nacht nur gedöst und nicht richtig geschlafen. Um 5 klingelte dann der Wecker und wir machten uns fertig. Er fuhren wir zu meiner Mutter und stellten dort ihr Auto ab. Dann ging es weiter zum Südkreuz, wo wir natürlich viel zu früh ankamen und ewig auf unsere Bahn warten mussten.


Wir hatten uns Sitzplätze reserviert und konnten so entspannt die ewig lange Bahnfahrt antreten. Wir aßen Süßigkeiten, spielten Solo, lasen und unterhielten uns. Die Zeit verging schneller, als erwartet und wir kamen in Stuttgart an. Vom Hauptbahnhof wollten wir mit den Öffentlichen zu unserem Hotel „NH Stuttgart Airport“ fahren - also nochmal eine Stunde länger. Schrecklich. Vor allem, weil man durch eine Baustelle relativ weit von der Regio zur S-Bahn laufen muss. Aber gut, wir hatten es ja nicht eilig.

Wir mussten noch einmal in einen Bus umsteigen, um unser „Flughafenhotel“ zu erreichen. Zunächst wurden wir ganz schön enttäuscht, denn zum Flughafen brauchte man mit Öffentlichen ca. 20 Minuten und nachts fährt der Bus gar nicht, wodurch wir nicht einfach so zum Flughafen fahren konnten. Wir hatten uns eine bessere Anbindung bei einem Flughafenhotel vorgestellt. Der Check-In klappte problemlos und die Frau war sehr freundlich und hilfsbereit. Für uns wurde ein Taxi zu 3:45 in der Nacht bestellt, damit wir rechtzeitig am Flughafen ankommen.

Dann wollten wir etwas essen gehen. Gar nicht so einfach: ALLES hatte geschlossen, weil Mittagspause war. So etwas kennen wir in Berlin gar nicht. Viele Restaurants öffneten erst um 18 Uhr wieder, aber das war uns zu spät. Okay, eigentlich war es mir zu spät. Mike wäre auch erst dann essen gegangen.

Im Endeffekt landeten wir in einem Dönerladen, der sich aber unserer Meinung nach nicht so nennen sollte. Das hatte nicht viel mit dem original Döner aus Berlin zu tun. Dafür waren die Pommes großartig und wir wurden satt.

Wieder im Hotel machte ich noch etwas Sport und ging gemütlich baden. Mike ging noch duschen und schlief kurz darauf um etwa 18.30 ein. So viel zum späteren Essen.

Ich beneidete ihn, denn ich konnte wieder nicht schlafen. Ich wälzte mich sehr lange hin und her, bis ich schließlich in einen unruhigen Schlaf glitt.


30.01.2022

Stuttgart – Lulea – Camp Alta Kiruna – Abisko – Camp Alta Kiruna


„Dies hier ist ein magischer Moment

Uns bleiben ein paar Stunden,

vielleicht auch nur Sekunden

Ich führe dich, das grüne Licht ist gleich wieder verschwunden

Wir sollten uns beeil´n, um das Ereignis zu erkunden

Denn es hält nicht lange an“


-Polarlichter von Adel Tawil


Als der Wecker um 3 Uhr morgens klingelte, dachte ich, ich sterbe. Es fühlte sich an, als wäre ich gerade erst eingeschlafen. Doch die Müdigkeit war schnell vergessen, denn endlich war es soweit: Wir würden heute nach Schweden fliegen.

Die Planung der Reise begann ursprünglich als Scherz. Wir hatten günstige Flüge von Stuttgart nach Lulea gesehen und rumgesponnen, wie cool es wäre, im Winter nach Lappland zu fahren. Dann schlug Mike vor, ich könnte doch mal wirklich eine Planung machen und den Preis für eine Woche berechnen. Ich war perplex, aber sofort dabei: Reiseplanungen sind genau mein Ding. Also legte ich los und konnte in wenigen Stunden eine komplette Planung inklusive grober Budgetplanung präsentieren. Noch am selben Abend buchten wir die Flüge und Unterkünfte.

Und nun, ein halbes Jahr später, machten wir uns endlich auf den Weg zum Flughafen. In der Lobby bekamen wir sogar noch Kaffee und ein Croissant, obwohl Frühstück erst ab 6 Uhr beginnt. Das Taxi kam und wenig später waren wir am Flughafen.

Der war leider nicht so schön. Die meisten Mitarbeiter waren sehr unfreundlich und an den Automaten konnte man nur mit Kleingeld bezahlen, weil bei der Kartenzahlung immer ein Fehler angezeigt wurde. Nervig. Ich versuchte, unsere Scheine klein zu machen und kaufte extra schon eine Flasche doppelt so teures Wasser, doch die Verkäuferin weigerte sich, mir das Wechselgeld klein zu geben. „Das wollen Sie doch nur für die Automaten haben.“ Eine absolute Frechheit.

Unser Flieger startete pünktlich. Da maximal 40 Passagiere an Bord waren, war der Flieger sehr leer und das Boarding in wenigen Augenblicken erledigt. Relativ kurz nach dem Start konnten wir einen beeindruckenden Sonnenaufgang aus unserem Fenster beobachten. Später flogen wir noch durch Turbulenzen, die jedoch nur kurz anhielten.

Sonnenaufgang Flugzeug

Über Schweden sahen wir dann den zweiten Sonnenaufgang des Tages und staunten nicht schlecht, als wir die weiße Wildnis unter uns sahen. Es wirkte so, als gäbe es in Nordschweden überhaupt keine Städte.

Als wir landeten flogen wir relativ knapp über einen zugefrorenen See und sahen von der Landebahn aus vor allem Wald und den See. Nur ein kleines Gebäude signalisierte uns, dass wir nicht mitten in der Wildnis gelandet waren, sondern tatsächlich am Flughafen von Lulea waren.

In der Halle konnten wir direkt zu unserem Gepäck und den Flughafen verlassen. Wir sahen keinen einzigen Mitarbeiter, wurden nicht mehr kontrolliert und waren sehr irritiert. So kannten wir das gar nicht.

Den Mietwagen mussten wir uns an einem Automaten abholen. Wir fanden das Auto relativ schnell und staunten nicht schlecht: Wir hatten ein Upgrade bekommen und standen vor einem großen, super ausgestattetem Modell. Das Lenkrad konnte beheizt werden und wir hatten ein Nawi. Ein schönes Auto. Ein richtiger Kratzer und Schneeketten waren allerdings nicht mit dabei. Damit hatten wir eigentlich fest gerechnet.


Vorsichtig fuhren wir los und machten uns zuerst auf den Weg zu Lidl. In Schweden haben alle Supermärkte zum Glück auch Sonntag geöffnet. Wir kauften für die komplette Woche ein. Dabei achteten wir darauf, möglichst viel zu kaufen, was nicht gekocht werden muss. Eine Mikrowelle und einen Kühlschrank würden wir auf unserem Zimmer haben, sonst müssten wir immer zur Campküche laufen. Es gab eine außergewöhnliche Süßigkeitentheke, aber sonst war alles, wie bei unserem Lidl.


Danach konnte es endlich in Richtung Kiruna gehen. Wir konnten es gar nicht erwarten. Das Nawi sagte uns, wir würden es zu 15 Uhr ins Camp schaffen. Perfekt. Um etwa 14.30 geht die Sonne unter und so würden wir nicht im komplett dunklen fahren.

Die Straßen waren mehr oder weniger geräumt und wir konnten ohne größere Schwierigkeiten fahren. Wir fuhren auf der einzigen Straße, umgeben von Wildnis. Immer wieder konnte man am Straßenrand die klassischen roten und gelben Häuser sehen, aber ansonsten wirkte schwedisch Lappland auf uns sehr wild. Wir liebten es.

Manchmal fuhren wir hinter anderen Autos, doch meist nicht besonders lange. Ein LKW hätte vor uns beinahe zwei Rentiere überfahren, die jedoch zum Glück überlebt haben. Ich weinte fast vor Freude darüber, Rentiere in freier Wildbahn gesehen zu haben.

Der Rest der Strecke war ereignislos. Wir staunten immer wieder über die Schönheit des Landes. Besonders, wenn die Sonne sich zeigte, war die Umgebung atemberaubend schön.


Pünktlich um 15 Uhr kamen wir im Camp Alta Kiruna an und checkten ein. Wir räumten alles in unsere kleine, aber niedliche Hütte und erkundeten schnell das restliche Gelände. Bevor es zu dunkel werden würde. Es gab 2 Saunen (eine muss reserviert werden und eine ist groß und immer zugänglich), zwei Feuerstellen, viele kleine Häuschen und natürlich die Toiletten und die Küche. Vor allem die Nähe zur Natur überzeugte uns aber. Fast direkt vor unserer Hütte war ein großer See, alles war umgeben von Wäldern. Ein Traum.

Falls ihr Interesse habt, könnt ihr euch die Unterkunft unter folgendem Link ansehen: https://campalta.net/


Wir überprüften in unseren Apps, wie groß die Chancen auf Polarlichter waren: Es sah an sich sehr gut aus, nur leider nicht unbedingt in Kiruna. Aber in Abisko waren die Bedingungen super. Wir versuchten, spontan noch die Minivan-Tour nach Abisko zu buchen. Ein Guide würde mit einem nach Abisko fahren und dort und auf dem Weg nach Polarlichtern suchen.

Eigentlich waren wir zu spät dran. Es gab für den Abend keine Reservierungen und der Guide sagte uns, wir müssten es ein anderes Mal probieren. Doch auch er wusste von den Vorhersagen, die für diese Nacht deutlich besser aussahen, als für die kommenden Nächte. Also versuchte er, noch weitere Interessenten zu finden. Als das nicht klappte, boten wir an, einen Aufpreis für eine Privattour zu zahlen und etwa 1 Stunde später -um 18:30 - saßen wir in einem Minivan auf den Weg nach Abisko.


Giu, unser Guide, war sehr nett und wir unterhielten uns schon auf dem Hinweg viel. Er stammt ursprünglich aus Frankreich und hat als Kind immer davon geträumt, in der Kälte zu leben. Also probierte er einen Winter in Schweden aus. IM Jahr darauf machte er sich in Schweden selbstständig und hat seither Frankreich nur sehr selten besucht. Er hat zwei Jobs und arbeitet vor allem im Winter etwa 70 Stunden die Woche. Doch die Arbeit macht ihm Spaß, wodurch das auszuhalten ist.


Auf dem Weg nach Abisko konnten wir schon Polarlichter sehen. Sie waren sehr schwach und sahen eher wie Nebel in der Luft aus, aber wir sahen schon welche.

Ein bisschen enttäuscht waren wir schon und wir hofften, die Lichter noch intensiver sehen zu können. Wir fuhren weiter in Richtung Abisko und zur Privathütte des Guides und seines Geschäftspartners. Wir passierten eine Absperrung und konnten schon bald die Wunderschöne Hütte mitten in der Natur sehen. Einfach ein magischer Ort.


Sterne über Abisko

Leider waren die Polarlichter weiterhin schwach, doch der Sternenhimmel war wunderschön. Giu machte innen ein Feuer an und setzte Wasser für uns auf. Während er draußen die Feuerstelle freischaufelte, machten wir ein paar Fotos und stellten fest, dass die Polarlichter auf Fotos viel deutlicher zu sehen waren. Unterdessen schaufelte Giu immer weiter. Ich fragte ihn, wie lange keiner mehr hier am Feuer saß und er sagte, am Dienstag wäre er zuletzt mit einer Gruppe dort gewesen. Heute war Sonntag und von der Feuerstelle war nichts zu sehen. Er musste sicher 40 cm Schnee wegschaufeln. Irgendwann waren die Bänke freigelegt und das Feuer wurde entzündet.

Leider verabschiedete sich das Polarlicht und wir waren ganz schön enttäuscht. Dabei sah die Vorhersage eigentlich gut aus. Aber Giu meinte, er behält alles im Auge. Manchmal kämen die Polarlichter von jetzt auf gleich zurück und sind dann stärker als vorher.

In der Wartezeit aßen wir schwedische Kekse (es schmeckte nach Weihnachten), tranken Tee und eine heiße Schokolade. Die Hütte war wirklich ein magischer Ort. Viel Holz, aber sehr gemütlich. Das Feuer schuf eine sehr schöne Wärme.

Wir mussten gar nicht lange warten, bis die Polarlichter sich wieder zeigten. Und diesmal tatsächlich intensiver. Keine Wolken oder Nebel mehr, sondern ganz eindeutig grüne Polarlichter. Giu zeigte uns 2 Spots, von denen aus man super die Polarlichter fotografieren kann. Ich habe mir dann aber noch weitere Spots gesucht, weil ich mehr Varianz haben wollte. Ich glaube, die Bilder sind sogar ganz gut geworden.



Nach einer Weile setzten wir uns draußen ans Feuer und genossen die Aussicht. Die Sterne, die Hütte und die Polarlichter. Ein Augenblick, den wir wohl nie wieder vergessen werden. Wir waren glücklich und zufrieden.

Wenn die Kälte nur nicht wäre. Unsere Füße waren wie aus Eis und taten langsam schon weh. Also setzten wir uns in die Hütte. Lange konnten wir nicht sitzen, denn Giu kam angerannt und sagte uns, wir müssen dringend rauskommen.

Gesagt, getan. Und ein Glück hatte er alles im Blick. Am Himmel passierte etwas Unglaubliches. Die Polarlichter bewegten sich extrem schnell und ein Streifen roter Polarlichter mischte sich mit den Grünen. Es ging unglaublich schnell und war nach 2 Minuten wieder vorbei, aber es war einfach spektakulär. Es ist immer wieder unglaublich, was es für Naturschauspiele auf unserer Welt gibt. Wir staunten, die Kälte war vergessen.

Wir machten noch weitere Fotos; Giu fotografierte sogar uns vor den Polarlichtern. Um kurz vor Mitternacht war es dann Zeit, zu gehen. Und da kam plötzlich die Kälte zurück. Unsere Füße taten weh vor Kälte. Sobald die Kamera langsam erwärmt war und wir ins Auto stiegen, zog ich meine Schuhe aus und versuchte fieberhaft, meine Füße zu wärmen. Es war sehr schmerzhaft, doch es wurde mit der Zeit wieder besser.


Die Rückfahrt war sehr ruhig. Mike und ich schliefen sogar eine Weile. Jetzt, wo das Adrenalin den Körper verlassen hatte, merkten wir, wie lange wir schon auf den Beinen waren. Ein unglaublicher erster Urlaubs- und 11. Jahrestag für uns.



31.01.2022

Camp Alta Kiruna


„Kein Mensch weit und breit,

nur wir sind zu zweit.

Wandern durch den weißen Winterwald.

Schnee und Eis

Hört man knistern

Weil wir leis´ nur noch flüstern

Wir fühlen uns ganz

Wie Gretel und Hans

Wandern durch den weißen Winterwald.“


-Wandern durch den weißen Winterwald von Linda Feller


Wir hatten uns mal wieder vorgenommen, bis um 10 Uhr zu schlafen. Um 6:30 wachte ich auf, zog meine gefühlten 100 Schichten an und ging zur Toilette. Als ich zurückkam, war Mike natürlich wach und gemeinsam gingen wir raus, um beim Sonnenaufgang Fotos zu machen. Wir liefen erst zum Rand des Camps und dann auf den zugefrorenen See hinaus. Am Rand waren ein paar schöne Motive, die ich gerne fotografieren wollte.

Die Rechnung hatte ich ohne den Tiefschnee gemacht. Schnell hingen wir knietief im Schnee fest. Wunderbar, genau das, was wir gebraucht hatten. Meine Schuhe waren für das „kurze Fotografieren“ nicht einmal richtig geschlossen und schon kehrte die Kälte, begleitet von Nässe, zurück in meine Füße. Fotos wurden dann natürlich trotzdem gemacht. Für warme Füße war es jetzt schließlich eh zu spät.


Sonnenaufgang Camp Alta Kiruna

Durchgefroren kamen wir in unsere überhitzte Hütte und Frühstückten erst einmal gemütlich. Als Mike sich Milch zu seinen Cornflakes geben wollte, wurde uns ein riesiger Fehler bewusst: Die Milch aus dem Milchkarton war überhaupt keine Milch. Es war Naturjoghurt. Na ein Glück haben wir davon mehrere Liter gekauft.

Also wurde auf die Alternative zurückgegriffen und wir beschlossen, in den nächsten Tagen noch einmal in Kiruna Milch einzukaufen. Nach dem Frühstück war ich müde und legte mich eine Runde schlafen, während Mike einen Film ansah. Vor 10 Uhr ist die Rezeption geschlossen und wir wollten uns einige Sachen ausleihen: Schneeschuhe, Langlaufski und vor allem dicke Winterschuhe.


Um kurz nach 10 waren wir an der Rezeption. Nur wir. Niemand Anderes war da. Wir riefen die Nummer an und irgendwann ging der verschlafene Rezeptionist ran. Er sagte mir, er würde es nicht vor 11 schaffen, aber wir könnten uns schon einmal die Winterschuhe holen. Er gab uns die Zahlenkombination für das Vorhängeschloss durch und wir probierten mehrere Schuhe an, bis wir etwas Passendes gefunden hatten.

Pünktlich um 11 waren wir wieder an der Rezeption, denn wir wollten bei Tageslicht noch eine Schneeschuhwanderung machen. Kein Rezeptionist. Langsam waren wir genervt. Okay, wir waren richtig genervt. Wir sind typisch Deutsch: Superpünktlich. Auf unseren Reisen müssen wir immer wieder feststellen, dass Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit nicht überall groß geschrieben werden.

Ein anderer Mitarbeiter (wir glauben der Chef) sah uns, kam hilfsbereit auf uns zu und übernahm kurzerhand den Job des Rezeptionisten. Er sagte uns, der Mitarbeiter würde noch in seiner Hütte schlafen. Etwas genervt wirkte er davon schon, aber es scheint zum Alltag zu gehören.

Wir bekamen unsere Schneeschuhe mit einer Vermutung, wie man sie anziehen sollte. Sicher war er sich da nicht. Auch die Skier konnten wir uns ausleihen und so konnte es um kurz vor 12 endlich losgehen. Wir zogen uns die Schneeschuhe an, was schon für einige Lacher sorgte. Vor allem, weil Mike es nicht schaffte, sie sich alleine anzuziehen. Erst als ich ihm half, klappte es. Dann machten wir uns auf den Weg in Richtung Wald.

Gleich zu Beginn fanden wir einen kleinen Fluss, der vom See abging. Er war wunderschön und wir legten eine kleine Pause zum fotografieren ein.


Fluss Camp Alta Kiruna

Dann versuchten wir uns in den Wald zu kämpfen. Das ging etwa 5 Meter gut und schon versanken wir im Schnee. Immer abwechselnd, damit wir auch ja nicht voran kamen. Immerhin lachten wir dadurch quasi durchgehend. Immer wieder verlor einer von uns seinen Schuh oder steckte Knie- oder sogar Hüfttief im Schnee fest. Es war einfach nur witzig.

Irgendwann wurden wir besser. Wir merkten, dass man seltener versank, wenn man die Beine nicht anhebt sondern eher zieht. Seltener, aber manchmal passierte es trotzdem. Die Sonne schien und wir hatten eine Menge Spaß. Immer, wenn Mike wieder versank, machte ich mit der Kamera Fotos.

Irgendwann kam Mike auf die Idee, sich in den Schnee zu schmeißen. Das war toll. Wir tollten nach Herzenslust – wie kleine Kinder – im Tiefschnee mitten im Wald umher. Man konnte sich einfach ohne Angst fallen lassen, da der Schnee den Sturz abfing. Einfach ein tolles Gefühl. In dem Moment war ich einfach unbeschwert, dachte an gar nichts, war im hier und jetzt und genoss das Leben. Es war wundervoll.

Umgebung bei der lustigsten Schneeschuhwanderung

Bis wir uns im Tiefschnee die Schneeschuhe wieder anziehen mussten. Das war… problematisch. Lustig, aber problematisch. Ich musste Mike helfen, damit er seine Schuhe überhaupt wieder anbekam. Schließlich schafften wir es und stapften noch eine Weile durch den Wald, bevor wir uns auf den Rückweg machten.

Kurz bevor wir zurück waren ging die Sonne langsam unter. Es musste also 14.30 sein. Mike lief ohne Schneeschuhe über den See zum Camp und ich versuchte, mit den Schuhen zu rennen. Es war toll.

Neben dem Camp entdeckten wir dann noch ein riesiges Iglu, in dem irgendwann mal Feuer gemacht wurde. Ich nahm mir vor, an diesen Ort zurückzukehren, falls sich die Polarlichter wieder zeigen sollten.


Wir kochten uns etwas zu Essen und aßen gemütlich in unserer Hütte. Danach machte Mike Mittagschlaf und ich begann bereits mit dem Schreiben des Berichts. Um kurz vor 5 ging ich schon einmal in die Privatsauna, die wir uns von 5 Uhr bis 8 Uhr reserviert hatten. Sie war aus und kalt. Ich sah einen Ofen zum Befeuern und ahnte böses: Müssten wir tatsächlich selbst die Sauna zum Laufen bringen?

Ich erklärte Mike die Lage und ging zur Rezeption. Der Rezeptionist war tatsächlich mal da. Unglaublich. Er guckte mich irritiert an und fragte, ob ich denn Holz gekauft hätte. Er meinte, die Sauna braucht etwa 1 Stunde, um heiß zu werden. Als ich ihn nach einem Feuerzeug fragte, war er noch irritierter und gab mir Streichhölzer. Ich kaufte Holz und schleppte den schweren Sack zur Sauna.

Dank Fritz Meineke weiß ich inzwischen, wie man ein Feuer entzündet, auch wenn ich es noch nie zuvor gemacht hatte. Mike machte sich noch fertig und wollte nachkommen.

Als er ankam präsentierte ich stolz mein Feuer. Wir holten gemeinsam noch Wasser. Die Wartezeit konnte man sich schön vertreiben: Mit dem Bestaunen von Polarlichtern. Nicht besonders stark, aber deutlich und wunderschön. Ich machte einige Fotos und wir guckten immer mal wieder nach dem Feuer in der Sauna.


Schwache Polarlichter


Als die Stunde um war, war die Sauna lauwarm. Auch nach 1 ½ Stunden war die Sauna nicht heiß und so ließen wir das Feuer ausgehen und räumten alles Weitere weg. Wir hatten uns das mit der Sauna anders vorgestellt und waren davon ganz schön enttäuscht.

In unserer Hütte machten wir uns einen Film an und schliefen dabei ein.

Meine innere Uhr weckte mich pünktlich um 10 wieder. In der Vorhersage hatte ich gelesen, dass die Polarlichter ab 10 stärker werden würden, also zog ich mich an und ging mit meiner Kamera nach Draußen.

Und tatsächlich waren die Polarlichter stärker als am Nachmittag. Ich fotografierte an mehreren Spots (auch am Iglu) und genoss ein weiteres Mal das Naturschauspiel. Die schnelle Bewegung wir am Vorabend konnte ich nicht noch einmal erkennen, doch auch so war ich schon glücklich. Nach etwa 45 Minuten fand Mike mich und wir genossen noch kurz gemeinsam die schwächer werdenden Lichter und gingen dann ins Bett.


Polarlichter über Camp Alta


01.02.2022

Camp Alta Kiruna – Road to Nikkaluokta – Kiruna - Jukkasjärvi – Camp Alta Kiruna


„War neulich mal im Urlaub

In Schweden irgendwo. Schweden irgendwo.

In Schweden irgendwo.

Da hat`s mich aus der Spur gehauen,

Glaub ich steh im Zoo. Hab geglaubt ich steh im Zoo.“


Elch Song von Brugger Buam & Band


Ich wachte um 5 auf, weil ich auf die Toilette musste. Schon wieder. Bei der Kälte. Ich hätte kotzen können.

Ihr müsst euch vorstellen: Die Toilette ist ca. 150 Meter entfernt. Das klingt nicht viel, aber bei den Temperaturen – mein Handy zeige minus 30 Grad Celsius – ist das ein großes Problem. Nur in Schlafsachen konnte man das nicht machen, so viel stand fest. Also erstmal anziehen. Mit dicker Hose und mehreren Schichten obenrum. Außerdem dicke Winterstiefel. Und das alles so leise wie möglich, um Mike nicht zu wecken.

Nach 5 Minuten, die sich wie eine Stunde anfühlten, konnte ich endlich zur Toilette gehen. Aus Faulheit nahm ich gleich mein komplettes Kulturzeug mit und ging gleich duschen. Einmal weniger anziehen und losgehen.


Als ich zurückkam, war Mike wach und ging auch gleich duschen. Danach frühstückten wir in Ruhe und bereiteten alles für unseren morgendlichen Ausflug vor: Wir wollten nach Nikkaluokta fahren. Den Weg dorthin und auch den Ort an sich hatte Giu uns empfohlen, weil es dort sehr viel Wildnis und dadurch auch gute Chancen auf Rentiere und Elche gibt.

Inzwischen waren wir vom Rhythmus her schon in Schweden und im Urlaub angekommen und so gingen wir anstatt um 7 Uhr erst um 8 Uhr los. Unser Tank war halb voll und die Strecke war nur knapp 70 km. Also machten wir uns direkt auf den Weg.

Der Sonnenaufgang war wunderschön anzusehen und wir merkten mehr und mehr, wie wir immer tiefer in die Wildnis von schwedisch Lappland drangen. Die Landschaft an sich war schon wunderschön, doch wir hofften sehr auf tierische Wegbegleiter.

Sonnenaufgang auf dem Weg nach Nikkaluokta

Und tatsächlich. Nach einer Weile sahen wir auf der linken Seite zwei Elche. Eine Mutter mit einem Baby. Wir hielten an und beobachteten sie. Doch sie wurden durch unsere Anwesenheit nervös, liefen vor unserem Auto über die Straße und verschwanden auf der rechten Seite im Wald. Und so kam es, dass meine Serie von Popo-Bildern fortgesetzt werden konnte. Yesss…

Danach sahen wir immer wieder Elche. Ich stieg sogar aus, um einige Tiere etwas besser fotografieren zu können. Natürlich blieb ich auf der Straße, um die Tiere nicht zu stören. Wir konnten viele Tiere sehr entspannt beobachten.

Aber erst als ich „Rudolf the red nose reindeer“ sang, zeigte sich tatsächlich ein sehr scheues Rentier. Unser Glück war perfekt.

Rentier in der Wildnis

Bis Nikkaluokta waren es jetzt noch 25 km und unsere Tankanzeige war gefährlich niedrig. Wir hatten das Heizen nicht mit bedacht und so entschieden wir uns, doch umzukehren und in Kiruna zu tanken (tatsächlich ist das nämlich die einzige Tankmöglichkeit in der gesamten Gegend).


In Kiruna angekommen hatten wir erst einmal Schwierigkeiten, den Tankdeckel zu öffnen. Raufdrücken klappte nicht, also suchten wir im Auto nach einem Hebel oder Knopf. Fanden aber nichts. Im Endeffekt mussten wir in der Betriebsanleitung nachlesen: Es ging einfach mit leichtem Druck. Der Tankdeckel war zugefroren. Also musste ich dann noch etwas mehr Gewalt anwenden, um es zu schaffen, aber schließlich war er offen und wir konnten tanken.

Gegenüber war noch ein Supermarkt und wir kauften typisch schwedisches Knäckebrot, Süßigkeiten und Milch.

Da wir noch nicht zurück zum Camp wollten, entschieden wir uns spontan, schon heute zum Nutti Sami Siida zu fahren. Das ist ein heiliger Ort der Sami (Ureinwohner), an dem man eine Kirche und ein Museum besuchen kann. Außerdem hat man die Möglichkeit, in einen Rentierwald zu gehen und dort Rentiere zu füttern. Das machten wir natürlich. Die Tiere kamen sofort angerannt und zwei waren sehr frech und stießen einen sogar an, wenn man sie nicht füttert. Ich genoss den engen Kontakt zu den Tieren.


Rentier

Wir machten einige Fotos und Videos und fuhren schließlich wieder ins Camp Alta Kiruna.

Wir hatten an dem Tag zwar schon viel erlebt, aber es war tatsächlich erst 12 Uhr. Wir wollten direkt weiter, weil wir gesehen hatten, dass es sich zum Nachmittag zuziehen sollte. Wir wollten bei -32 Grad Celsius und Sonnenschein unsere erste Skilanglauf Tour machen.

Das Anziehen der Skier klappte schneller, als bei den Schneeschuhen und wir konnten bald los. Allerdings merkte Mike schon nach wenigen Metern, dass er sich dabei nicht wohl fühlt. Er hat es zwar gut gemacht, mochte aber das Gefühl des Gleitens nicht so. Er hatte das Gefühl, keine Kontrolle zu haben.

Bei mir war das ganz anders. Mein Körper und mein Kopf erinnerten sich sofort an die vielen Skiurlaube in meiner Kindheit. Das war zwar immer Abfahrtsski, aber dennoch fühlte ich mich sofort wohl und frei. Ich fuhr immer mal wieder in den tieferen Schnee und wartete auf den Wegen auf Mike. Nach etwa einer halben Stunde wollte Mike umkehren, aber ich wollte gerne noch weiter. Also trennten wir uns. Mike schnallte sich die Skier ab und lief zurück, während ich noch weiter zum Ende des Sees weiterfuhr.

Mir wurde sehr warm und ich merkte, dass das tatsächlich eine Sportart war. Bald merkte ich auch meine Muskeln und auf dem Rückweg war ich schon richtig erschöpft. Um bei diesen Temperaturen zu schwitzen, gehörte ganz schön was dazu. Doch so warm mir innerlich war, so kalt war meine Umgebung. Das wurde jedem klar, der mich sah. Alles an mir war eingefroren. Meine Wimpern, Haare, Anziehsachen, einfach alles. Ich sah unglaublich witzig aus.



Zurück im Camp wollte ich vor dem Essen „nur 5 Minuten die Augen zu machen“. Wir machten also fast 1 Stunde Mittagschlaf. Natürlich.

Danach aßen wir gemütlich und beim Abwaschen beobachtete ich ein paar verrückte Italiener, die nur mit Handtuch bekleidet durchs Camp liefen. Einfach krank.

Danach guckten wir noch einen Film. Da es inzwischen schneite und es dadurch keine Polarlichter zu sehen gab, verließen wir unsere Hütte nur noch, um auf Toilette zu gehen. Wir beendeten den ereignisreichen Tag ganz gemütlich.


02.02.2022

Camp Alta Kiruna – Wildnis - Jukkasjärvi – Wildnis - Camp Alta Kiruna


„Und kost´ Benzin auch drei Mark zehn

Scheiß egal, es wird schon geh’n

Ich will fahr’n

Ich will fahr’n, ich will fahr’n

Ich will Spaß, ich will Spaß

Ich will Spaß, ich will Spaß

Ich geb Gas, ich geb Gas

Ich will Spaß, ich will Spaß“